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Fortsetzung der Tagesordnung
Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich kehre zurück zur Tagesordnung, und wir nehmen die
Verhandlungen über den 16. Punkt der Tagesordnung wieder auf.
Im Zuge dieser Debatte war Herr Abgeordneter Kogler am Wort, der um 15 Uhr unterbrochen
wurde und jetzt das Recht hat, seine Rede fortzusetzen, wenn er dies
wünscht. – Bitte, Herr Kogler. Herr Kollege, Sie haben vor der Unterbrechung 7 Minuten
gesprochen, nur damit Sie sich orientieren können, wie viel Zeit noch zur Verfügung
steht. (Ruf bei den Grünen: Danke, Herr Präsident!)
18.21
Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne) (fortsetzend):
Herr Präsident!
Herr Präsident des Rechnungshofes!
Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren!
Die Fragestellungen, die Kollegen Lopatka so erregt haben, sind ja tatsächlich noch eine kursorische Erwähnung wert, denn das, was sich – leider muss man das in diesem
Fall
wirklich sagen – im Dunstkreis von öffentlicher Wirtschaft abspielt, ist wirklich unfassbar,
vor allem dann abspielt, wenn man es so macht wie die steirische ÖVP unter
Adjutanz der SPÖ; ich möchte das überhaupt nicht verschweigen. Derartige Überschneidungen mit privaten Interessen zuzulassen, ist tatsächlich etwas, was vielen
hier, die schon mit Aufklärungsarbeit beschäftigt waren, wahrscheinlich trotzdem noch
nicht untergekommen ist.
Was kann ich damit meinen? – Es gibt da den Aufsichtsratsvorsitzenden, der erst unter
dem Druck der Ereignisse zurücktreten musste – unter dem Druck der Ereignisse! Ein
Aufsichtsratsvorsitzender, der vor ein paar Jahren kapiert hat, dass die steirische
Landesregierung in der Lage ist, 400 Millionen € zu jonglieren. Wie macht sie das? Sie
nimmt einen Teil und verkauft einen Teil an die EdF – schlecht so, Atomkonzern!
400 Millionen €! Die gehen aber nicht in das Budget des Landes Steiermark, sondern
das geht in den Konzern. – Soweit, so normal, könnte man meinen, aber es war die
Absicht, dass die Politik in diese Schatulle hineingreift. Und genau so ist es dann auch
gekommen.
Nationalrat, XXII. GP 25. März 2004 56. Sitzung / 173
Abgeordneter Mag. Werner Kogler
Es hat dann umtriebige Private gegeben – es lebe die Privatwirtschaft! –, die gemeint
haben, da sei auch für sie etwas drinnen: Wozu sind wir denn die Freunde des Herrn
Paierl? Wozu pflegen wir denn schon die ganze Zeit mit der ÖVP so gute Kontakte,
wenn jetzt endlich ein Happen da ist, an dem wir uns auch beteiligen können?
Und das geht so: Der Herr Aufsichtsratsvorsitzende gründet ein paar Firmen, Beteiligungsfirmen – fesch! Der Herr Aufsichtsratsvorsitzende meldet natürlich seinem
Unternehmen, für das er als Aufsichtsrat ja eine anwaltschaftliche Rolle übernimmt,
nicht, dass er dort Beteiligungen hat. Das müsste er an sich nicht, wenn die irgendwelche
Geschäfte machten, die mit der Branche, in der er arbeitet, nichts zu tun hätten.
Aber nicht nur, dass er dann in diese Branche hinein operiert hat mit seinen Firmen,
nein, er hat auf Tochter- und Enkelebene dieser Holding, in der er den Aufsichtsratsvorsitz
übernommen hat, Geschäfte abgeschlossen! – Es ist so unfassbar, dass das
möglich ist!
Jetzt aber stellt sich heraus, wieder unter dem Druck der Ereignisse, dass viele im
Aufsichtsrat davon wussten – also alle möglichen colorierten Aufsichtsräte, die mit
einem Mandat der steirischen Landesregierung dort drinsitzen –, was der Herr Aufsichtsratsvorsitzende da treibt, was da los ist. Es hat das auch – wie ich behaupte –
der Eigentümervertreter gewusst. Und das ist in erster Linie und in oberer Verantwortung
Herr Landesrat Paierl, der hier mittlerweile nicht mehr ganz unbekannt sein
sollte.
Und was geschieht? – Die Frau Landeshauptfrau geht her und ruft aus: Jessas na,
wenn es so zugeht, gehört ein Ehrenkodex her! – An sich ist das ja richtig, aber fünf
Jahre zu spät. Der Vorwurf ist ja nicht, dass man draufkommt, dass ein Ehrenkodex
hergehört, sondern dass man jahrelang wissentlich weggeschaut hat und diesen
Schritt nicht schon Jahre zuvor gesetzt hat! Denn dass es so etwas wie Corporate
Governance gibt, dürfte sich selbst bei den ärgsten „Åbanehmer“ schon herumgesprochen
haben.
(Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Scheibner: Schön sprechen!)
Solch einen Aufsichtsratsvorsitzenden muss man einmal haben, muss man sich
leisten, muss man wollen, muss man bestellen – und das hat die Landesregierung in
der Steiermark gemacht, wissentlich und willentlich!
Aber damit nicht genug. Die 400 Millionen, die da in dem Unternehmen geparkt waren,
waren eine super Kassa zum Hineingreifen für die Politik. Und so kam es auch: Diverse
Projekte, die mit dem Unternehmensgegenstand überhaupt nichts zu tun hatten,
sind aus der EStAG heraus finanziert worden. Da ist eigens eine Finanzservice GmbH
gegründet worden, aber nicht etwa oben bei der Holding als Tochter angelagert, wohin
sie allenfalls gehört hätte, wenn man strategische Beteiligungen kauft. Nein, als
Tochter-Tochter-Tochter von irgendeiner Abfallgesellschaft, die gekauft wurde, um das
möglichst zu verschleiern.
Wir halten also fest: eine Energie Steiermark Finanzservice GmbH, die die Tochter
einer Abfallgesellschaft ist, die zwischengeschoben wurde, auf die die Damen und Herren
Vorstände und Aufsichtsräte ungeniert Zugriff hatten!
In diesen Vorstand sind Leute gesetzt worden, die vorher ganz eng mit den Wirtschaftsprüfern
dieser Holding zu tun hatten. Es kommt ja noch dicker: Die Wirtschaftsprüfer
haben das Unternehmen ursprünglich jahrelang beraten, die Wirtschaftsprüfer
haben sogar die Bilanzen erstellt, weil der dortige Vorstand offensichtlich ohnehin unfähig
dazu war, wie sich jetzt herausstellt. Der Wirtschaftsprüfer hat auch andere
Verträge abgeschlossen mit der Firma. Der Wirtschaftsprüfer der EStAG kommt exakt
auf ein Jahresvorstandsgehalt. „Zufall!“, werden Sie sagen – ein super „Zufall“! Man
muss sich einmal vorstellen, wie viel das bei den Gehältern dort ist.
174 / 56. Sitzung 25. März 2004 Nationalrat, XXII. GP
Abgeordneter Mag. Werner Kogler
Aber man muss weit fahren, dass man das findet: dass einer, der das Unternehmen
berät, mit dem Unternehmen Geschäfte macht, dann, nachdem er sich endlich davon
verabschiedet hat, dort Wirtschaftsprüfer wird!
(Abg. Dr. Van der Bellen: Nur nach Graz! – Ruf bei den Grünen: In die Steiermark!)
Und das haben Sie – weil Sie jetzt so treuherzig schauen, Herr Kollege Trinkl – und die ÖVP mit zu verantworten! Daran wird kein Weg vorbeiführen.
(Abg. Steibl: Was heißt das?)
Solch einen Wirtschaftsprüfer muss man haben, muss man wollen, muss man bestellen
– und das ist geschehen. Der Aufsichtsrat hat das der Landesregierung vorgeschlagen,
und die Landesregierung hat das – wie es sich gehört – abgesegnet. Das ist
offensichtlich der steirische Brauch. Gratuliere! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
Ich muss noch einen Namen nennen – ich tue das auch deshalb, weil ich ja schon auf
Grund dieser Recherchen und der Teilbekanntgaben dieser Entdeckungen in der
Öffentlichkeit – dieser Entdeckungen, die auch Sie jetzt kurzfristig zum Schweigen gebracht
haben – zum Schweigen gebracht werden sollte, weil ich in dieser Causa schon
mit ein paar Klagsdrohungen zu tun habe.
Dieser alte Aufsichtsratsvorsitzende – im Übrigen samt dem Kollegen der SPÖ, ich will
das hier überhaupt nicht verheimlichen – droht mir offen mit Klage, wenn ich das weiter
thematisiere, denn es gäbe gar keinen EStAG-Skandal, wortwörtlich, und so weiter. Ich
glaube, der Rechnungshof-Rohbericht hat uns bestätigt.
Ich möchte nur noch ein Beispiel bringen, damit auch dieser Herr nicht unerwähnt
bleibt, denn all das sind Freunde der ÖVP in der Steiermark: Ein gewisser Herr Hohenberg
hat serienweise BeteiligungsGesmbHs mitgegründet und ist dann ein Freund
dieses Aufsichtsratschefs geworden oder war es schon. Er hat jedenfalls ein Projekt
irgendwo in der schönen Oststeiermark forciert, wo man auf die erwähnte Energie
Finanzservice GesmbH gegriffen hat, hat sich dort einen Haufen Geld geholt. Die
Kredite sind in keiner Weise besichert, und dieser Herr Hohenberg hält in dieser Firma
Anteile.
(Zwischenruf des Abg. Scheibner.) – Ich habe nicht auf Sie gezeigt, ich habe nur die Hand so bewegt.
Was passiert? – Dieser Herr Hohenberg hat für diese Anteile keinen einzigen Euro
eingebracht, es reicht, dass er Geschäftsführer dort ist, und zwar wegen seines Knowhows
– denn der kennt den steirischen Brauch, das ist sein Know-how. Er hat keine
Anteile, wird aber am Gewinn beteiligt. Wunderbar! Ein Freund des Herrn Aufsichtsrats,
ein Freund des Herrn Landesrats, ein Freund der Frau Landeshauptfrau. – Wir
sollten diesen steirischen Brauch überdenken!
(Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)